Die Hauptschule Coerde ist eine Stadtteilschule im Norden Münsters. Viele der etwa 240 Schülerinnen und Schüler kommen aus sozial benachteiligten Familien und/ oder verfügen über einen Migrationshintergrund. Die Schule ist eine Ganztagshauptschule und arbeitet seit dem Schuljahr 2008/ 2009 integrativ. Im Januar 2015 wurde die erste von später 2 Vorbereitungsklassen für Flüchtlinge und Kinder mit wenigen bzw. keinen Deutschkenntnissen gebildet. Die Berufswahlorientierung und Lebensplanung bilden einen besonderen Schwerpunkt in der Arbeit ab Klasse 7.
Anprechpartner/ -innen
Schulleitung: Simon Emmerich
Sozialpädagogin: Rabea John
Studien- und Berufswahlkoordinator: Harald Schmidt
„Wir bereiten unsere Schülerinnen und Schüler auf den Schulabschluss, das Berufsleben und die Arbeit an weiterführenden Schulen vor. Über die Schulzeit hinaus begleiten wir die Schülerinnen und Schüler in ihrer Lebensplanung.“ „Wir stärken das Selbstbewusstsein der Mädchen und Jungen durch geschlechtsspezifische Angebote und fördern dadurch die Stärken der Mädchen und die Stärken der Jungen.“
(Pädagogischer Konsens, Auszug aus dem Schulprogramm)
Die Schülerinnen und Schüler der Hauptschule Coerde sehen sich beim Übergang von der Schule in den Beruf mit besonderen Schwierigkeiten konfrontiert. Die Ausbildungsangebote für Jugendliche mit einem Hauptschulabschluss – insbesondere für Mädchen – werden knapper. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die zukünftigen Auszubildenden.
Unser Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern einen erfolgreichen Übergang in ihre berufliche Zukunft zu ermöglichen. Wir unterstützen die Jugendlichen, selbstbewusst ihre Stärken und Fähigkeiten zu entdecken und weiterzuentwickeln, damit sie zunehmend selbstständig und eigenverantwortlich Entscheidungen über ihren weiteren Lebensweg treffen können.
Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf sowie Flüchtlingen geben wir die Möglichkeit von zusätzlichen Praktika bzw. einem wöchentlichen Praxistag ab dem 2. Halbjahr der Klasse 8.
Die individuelle Beratung der Schülerinnen und Schüler bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Berufswahlorientierung. Bei allgemeinen Fragen und bei der Erstellung der Förderziele sind die Klassenleitungen die ersten Ansprechpartner/Innen.
Unterstützt werden die Lehrerinnen und Lehrer bei ihrer Arbeit durch die Sozialpädagogin und den Studien- und Berufswahlkoordinator (im ff. Stubo). Die Jugendlichen haben die Möglichkeit nach Terminabsprache Einzelberatungen in Anspruch zu nehmen. Insbesondere bei der Abgleichung der Berufswünsche und Berufsanforderungen schafft die Sozialpädagogin den Rahmen für eine umfangreiche und individuelle Beratung. Bei gemeinsamen Gesprächen zwischen den Jugendlichen, ihren Eltern, der Klassenleitung und der Sozialpädagogin suchen die Beteiligten eine gemeinsame Basis, um den Übergang in eine berufliche Perspektive zu gestalten.
Professionelle Unterstützung erhalten die Schülerinnen und Schüler auch von der Berufs-beraterin der Agentur für Arbeit, die regelmäßig in die Schule kommt und die Jugendlichen in der Phase der Berufsorientierung begleitet. Für Gespräche mit den Jugendlichen, die einen Förderstatus „Lernen“ aufweisen, werden gemeinsame Termine mit den Eltern verabredet. In aller Regel erfolgt dann die Anmeldung zur psychologischen Untersuchung in der Agentur für Arbeit, um den Rehastatus festzustellen.
Mit Beginn des achten Schuljahres entwickeln die Jugendlichen im Fach Wirtschaftslehre ein eigenes Portfolio. Diese Arbeit zeichnet sich bis zur 10. Klasse aus durch einen kontinuierlichen, systematischen Prozess in der Auseinandersetzung mit Themen der individuellen Fähigkeiten, Berufsbildern, Anforderungen der Arbeitswelt und vielem mehr. Unabhängig davon, ob ein Schüler/ eine Schülerin einen sonderpädagogischen Förderbedarf aufweist, wird dieser Unterricht konsequent inklusiv durchgeführt. Als Material wird die Reihe „Starke Seiten“ benutzt.
Der Einstieg in die Berufswahlorientierung findet im 2. Halbjahr der 7. Klasse mit Einführung des Berufswahlpasses und dem geschlechtsdifferenzierten Projekt „ZiB – Zukunft im Blick“ statt. Hier arbeiten die Mädchen und Jungen in jeweils eigenen Gruppen zu den Themen:
- Meine Stärken und Fähigkeiten
- Kommunikation – Selbst- und Fremdwahrnehmung
- Meine Lebensträume
- Das Auskommen mit dem Einkommen
Ziel der Projekttage ist es, die Jugendlichen auf der Grundlage ihrer Stärken und Fähigkeiten zu einer aktiven Auseinandersetzung mit ihrer beruflichen Zukunft zu interessieren. Es soll der Zusammenhang zwischen den persönlichen Wünschen, Perspektiven und dem notwendigen Interesse für Themen aus der Arbeits- und Berufswelt hergestellt werden.
Seit dem Schuljahr 2014/ 15 wird im Jahrgang acht die Potenzialanalyse durchgeführt: Die unterschiedlichen Lernfähigkeiten werden individuell berücksichtigt. Die Auswertung wird anschließend mit den Schülern und Schülerinnen sowie der Klassenleitung besprochen.
Ab der Klasse 8 nehmen die Schülerinnen und Schüler an verschiedenen Betriebs- und Berufsfelderkundungen teil, die durch die Klassenleitungen, Stubo und die Sozialpädagogin organisiert werden. Wiederkehrende Exkursionen sind: Tag der offenen Tür in der Akademie Überlingen, „Schule und dann…“, die Handwerksmesse der Handwerkskammer Münster im Preußenstadion sowie die Ausbildungsmesse im UKM. Darüber hinaus werden gruppenspezifische Betriebsbesichtigungen durchgeführt. So haben die Jugendlichen die Möglichkeit, verschiedene Berufsfelder kennen zu lernen und berufstypische Tätigkeiten auszuprobieren.
Alle Exkursionen werden intensiv im Unterricht vor- und nachbereitet.
Im Juni 2012 hat die Hauptschule Coerde als erste Schule in Münster auf Initiative der Stiftung „Bürger für Münster“ hin und in Kooperation mit ihr und 10 Unternehmen die Betriebsrallye gestartet. In einem Zeitraum von 2 Wochen haben die Schüler_innen der Jahrgangsstufe 9 die Möglichkeit dreitägige Schnupperpraktika in zwei Betrieben/ Geschäften zu absolvieren. Diese Praktika werden intensiv vor- und nachbereitet. Im Rahmen der Zertifikatsübergabe präsentieren die Jugendlichen ihre Erfahrungen vor den Geschäftsführern, Vertretern der Stiftung und den Eltern. Mittlerweile beteiligen sich 15 Unternehmen.
Das erste, dreiwöchige, Schulbetriebspraktikum findet zu Beginn der Klasse 9 statt. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten in Betrieben, die sie nach eingehender Beratung und ihren Wünschen entsprechend gewählt haben. In der Jahrgangsstufe 10 werden Betriebe ausgesucht, die dem (realistischen) Berufsziel der Schülerinnen und Schüler entsprechen. Dieses Praktikum dauert 2 Wochen.
Wichtig ist bei allen Praktika, dass sich die Schülerinnen und Schüler schriftlich bewerben und persönlich vorstellen. Alle Praktika werden im Deutsch- und Wirtschaftslehreunterricht durch die Klassenleitungen vorbereitet und begleitet. Die Nachbereitung findet an mehreren Projekttagen statt. Betreut werden die Mädchen und Jungen während des Praktikums ebenfalls von ihren Klassenlehrern und -lehrerinnen.
In Klasse neun stellen die Jugendlichen abschließend ihre Erfahrungen in einer Präsentation den Schüler_innen und Klassenleitungen der Jahrgangsstufe acht vor.
Schüler und Schülerinnen mit besonderem Förderbedarf absolvieren ab dem 2. Halbjahr in Klasse acht einen wöchentlichen Praxistag. Für Flüchtlinge besteht diese Möglichkeit ab dem 9. Schuljahr
Jugendliche mit dem Förderbedarf „Lernen“ und „Emotional soziale Entwicklung“ benötigen eine zusätzliche intensive Unterstützung in der Entwicklung ihrer praktischen Fähigkeiten und ihres Selbstbewusstseins. In Kleingruppen und in Kooperation mit externen Partnern gibt es ein breit angelegtes Angebot: heilpädagogisches Reiten, Fahrradwerkstatt, Hauswirtschaft, und Verkehrserziehung/ Mofa Führerschein.
Neben der Beratung durch die Klassenleitungen können Eltern selbstverständlich auch jederzeit einen Termin bei der Sozialpädagogin oder dem Stubo vereinbaren. Grundsätzlich können sich Eltern und Jugendliche gemeinsam beraten lassen, was insbesondere am Zeugnissprechtag in Anspruch genommen wird.
Im Unterricht werden Themen aus der Berufs- und Arbeitswelt in verschiedenen Fächern bearbeitet. Dem Fach Arbeitslehre, das ab der Klasse 7 unterrichtet wird, und die Fächer Wirtschaftslehre, Technik, Hauswirtschaft und Informatik umfasst, kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Schwerpunktmäßig finden sich dort Themen aus der Lebensplanung und Berufswahlorientierung, die fächerübergreifend unterrichtet werden.
Eine umfassende, gelungene Berufswahlorientierung erfordert die Einbeziehung außerschulischer Kooperationspartner und ~partnerinnen. Sie ermöglicht den Schüler/ -innen einen Perspektivwechsel vom ‚gewohnten’ Unterricht in die Arbeitswelt und die rechtzeitige Reflexion ihrer Chancen sowie ihrer Eigenverantwortung. In diesem Kontext sind neben den unterschiedlichen Praktika auch Projekte angesiedelt wie
- die „Betriebsrallye“ in Kooperation mit Firmen in Coerde und der Stiftung Bürger für Münster
- die regelmäßige Berufsberatung durch eine Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit (Klasse 9+10).
- Bewerbungstrainings in den Jahrgangsstufen 9 und 10
- die Schuldenprävention
Die Möglichkeit an einem Berufskolleg einen höheren Abschluss zu erlangen, ist für manche Schülerinnen und Schüler ein erstrebenswertes Ziel. Damit sie sich bewusst für oder gegen eine schulische Weiterbildung entscheiden können, benötigen sie eine realistische Vorstellung vom Alltag und den Erwartungen an einem Berufskolleg.
Während der Projekttage nach dem zweiten Blockpraktikum in Klasse zehn kommen Kollegen und Kolleginnen der Münsteraner Berufskollegs in die Schule. In Kleingruppen informieren sich die Jugendlichen mit Hilfe eines zuvor von ihnen erarbeiteten Fragenkatalogs.
Gegen Ende des ersten Halbjahres der Klasse zehn können die Mädchen und Jungen an einem Tag in gezielt ausgesuchten Klassen der verschiedenen Kollegs (Technik, Soziales und Wirtschaft) hospitieren. Dort bekommen sie einen Eindruck vom Unterricht, Informationen durch Schüler/ -innen, und werden mit den Erwartungen an ‚junge Erwachsene’ konfrontiert.
Das Thema Berufswahlorientierung und Übergang von der Schule in den Beruf ist nicht isoliert in der Schule zu betrachten. Sie findet im Kontext arbeitsmarktpolitischer Entwicklungen statt. Die Reflexion ihrer Bedeutung aber auch die Intensivierung der Kooperation mit allen Bereichen der Jugendberufshilfe erfordert die Mitarbeit in den entsprechenden Gremien. Kontakte bestehen auch zur Handwerkskammer Münster sowie der Industrie- und Handelskammer.